Ein steiniger Weg
Uganda nach dem Bürgerkrieg: Menschen sind tief traumatisiert
Der Bürgerkrieg brachte viel Leid über die Menschen in Nord-Uganda. Frauen und Männer wurden grausam ermordet, Kinder zu Kämpfern ausgebildet und Familien gezwungen, ihr Land zu verlassen. Etwa zwei Millionen Menschen wurden durch den Konflikt verschleppt oder suchten freiwillig Zuflucht in einem der zahlreichen Lager für Binnenvertriebene, die unter militärischem Schutz standen. Auf dem Höhepunkt des Konflikts lebten bis zu 1,7 Millionen Menschen in solchen Lagern, den „Internally Displaced People Camps (IDP)“, wo sie von humanitärer Hilfe abhängig waren.
Die Kämpfe der Rebellengruppen der sogenannten „Lord’s Resistance Army“ (LRA) gegen das ugandische Militär, aber auch gegen die Zivilbevölkerung, zeichneten sich durch unvorstellbare Grausamkeiten aus. Auch dem Militär wurden zahlreiche Vergehen vorgeworfen. Besonders die Acholi – eine Ethnie im Norden Ugandas, die vor allem in den Distrikten Gulu, Kitgum und Pader sowie im südlichen Südsudan lebt – waren betroffen.
2006 kam es zu Friedensgesprächen, und die Waffen schwiegen. Eine Zeit relativen Friedens begann. Doch der Bürgerkrieg mit all seinen Entgleisungen, seinen Brutalitäten und seinen Vertreibungen hat schwerwiegende Folgen. Bis heute.
Das Land ist heilig in der Acholi-Kultur
Die rund zwei Millionen Einwohner in Nord-Uganda, die gezwungen waren, ihr Land zu verlassen, kehrten nach und nach aus den Lagern in ihre ursprüngliche Heimat zurück. Doch damit begannen Landstreitigkeiten, die es auf Einzel-, Familien- und Clanebene gibt; andere haben ethnische Dimensionen angenommen. Und das Schlimmste: Sie bringen den Frieden und die Entwicklung der Region in Gefahr.
Vor der Kolonialzeit besaß kaum jemand in der Acholi-Region eigenes Land. Das Eigentum war kommunal, die Gemeinde entschied jeweils über die Nutzung. Das traf auf rund 90 Prozent des Bodens in der Region zu. Traditionell wurde das Land für Jagd und Beweidung genutzt, aber auch für Besiedlung und Feldbau.
In der Acholi-Kultur wird Land als heilig angesehen. Es beherbergt die Götter, die in großen Bäumen, Bergen und Flüssen wohnen. Es ist der Ort, an dem die Vorfahren begraben sind und die Lebenden die Pflicht haben, dafür zu sorgen, dass sie in Frieden ruhen. Heutige und künftige Generationen sollen das Land so nutzen, wie die Ahnen – und die Nachkommen – es erwarten und sich erhoffen. All dies erklärt, warum die Acholi in der Vergangenheit immer wieder bereit waren, zur Verteidigung des Landes – und somit zur Verteidigung ihrer eigenen Identität – zu den Waffen zu greifen.
Heute ist der einzige greifbare Reichtum, der nach dem Bürgerkrieg noch blieb, dieses Land. Aber während zwei Millionen Menschen in Lagern ausharren mussten, besetzten oftmals Investoren und einige reiche Einzelpersonen das verlassene Gebiet. Andere schnappten sich Gemeindeland, das zuvor gemeinschaftlich zum Weiden und Jagen genutzt wurde, und erhoben Besitzansprüche. Als dann die ursprünglichen Besitzer und Pächter zurückkehrten, fanden sie den Grund und Boden besetzt. Das traf vor allem die Witwen hart. Sie hatten nun nicht einmal mehr die Möglichkeit, auf Gemeindeland Mais oder Kartoffeln anzubauen.
Der Krieg hat das Wertesystem verändert
Die Kommunen waren nicht gut gerüstet, um die Landstreitigkeiten zu bearbeiten. Ihnen fehlen das Wissen und die Ressourcen, um all die Konflikte zu lösen. Zudem ist in manchen Fällen auch Korruption zu beobachten. Vor Gericht, in den Verhandlungen gegen arme, unschuldige und rechtmäßige Landbesitzer, gewinnt oftmals die wohlhabende Gegenseite.
Zudem hat sich das Wertesystem in Nord-Uganda verändert. Während des Krieges verloren die Menschen fast alles: ihre Familienangehörigen, ihre Freunde und ihre Nachbarn; ihre Häuser, ihre Tiere, die Ernten und die Wertsachen. Sie sind traumatisiert; und sie wissen nicht, wie sie mit den neuen Konflikten umgehen sollen.
Besonders betroffen ist die Jugend. Viele der Mädchen und Jungen wurden in einem Lager geboren; andere wurden von den Rebellen der LRA entführt und dazu gezwungen, an ihrer Seite zu kämpfen. Diese jungen Menschen wissen nicht, wie stark früher die Dorfgemeinschaften waren und wie das Leben auf dem Land funktionierte. Die traditionelle informelle Bildung, die in früherer Zeit von Generation zu Generation weitergegeben wurde, ging im Lager verloren. Die Jugendlichen heute kennen und verstehen viele Traditionen einfach nicht. Den Dorf-Ältesten, die früher Ratschläge gaben, die beachtet und geschätzt wurden, bringen sie keinen Respekt mehr entgegen. Sie legen stattdessen Wert auf Individualität. Das birgt weiteres Konfliktpotenzial.
Was aber tun, um die entstandenen Probleme einzudämmen? Legitime informelle Institutionen – wie Clan-Chefs – werden heute unterstützt, damit sie dabei helfen, die Landstreitigkeiten beizulegen. Es gibt Mediation und Schiedsgerichte und natürlich wird auch an formelle Gerichte verwiesen. Dreizehn Jahre nach Ende des Bürgerkriegs ist vieles auf den Weg gebracht. Und doch: Es wird noch lange dauern, bis ein gerechter Frieden in Uganda möglich ist.
Weitere Infos zu Uganda
Auswärtiges Amt
Fakten, Daten und Reise-Informationen.
Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Informationen zur Entwicklungszusammenarbeit der BRD mit Uganda.
Deutsche Botschaft in Kampala
Website der deutschen Vertretung in Uganda.
Ugandische Botschaft in Berlin
Website der ugandischen Vertretung in Berlin.
Church of Uganda
Website der anglikanischen Kirche von Uganda.
The Diocese of Northern Uganda
Webseite unsere anglikanischen Partnerdiözese in Gulu/Nord-Uganda.
The World Factbook
Fakten und Daten zu Uganda (gesammelt von der CIA).
Transparency International
Informationen zu Korruption in Uganda.
Weltbank
Fakten und Daten zu Uganda.