United Mission to Nepal (UMN)
Schulen, Hospitäler und wirtschaftliche Entwicklung
Mutige Männer und Frauen gelangten 1952 über die indisch-nepalische Grenze auf abenteuerlichen Reisen durch den Malaria-verseuchten Dschungel und durch unwegsames Bergland in das völlig isolierte Königreich Nepal. 1954 konnte dann bereits die United Mission to Nepal (UMN) ihre Arbeit auf Einladung der nepalischen Regierung aufnehmen. Nepal war damals als hinduistisches Königreich von der Außenwelt abgeschlossen und begann sich nur langsam zu öffnen.
Am Anfang stand die Gesundheitsarbeit. Aber schon nach wenigen Jahren wurde klar, dass der Bedarf in dem sich allmählich veränderndem Land viel breiter war. Zu der Zeit fehlte es an funktionierenden öffentlichen Institutionen und Infrastruktur in allen Bereichen. Wege wurden zu Fuß zurückgelegt, Lasten von Menschen oder Mauleseln getragen. Ausgebildete Fachkräfte gab es so gut wie keine.
So wurden neben Gesundheitsstationen im Kathmandu-Tal und den Krankenhäusern in Tansen, Patan (Shanta Bhawan) und Amp Pipal (Gorkha) die ersten Schulen gegründet. Später kamen Programme zur wirtschaftlichen Entwicklung hinzu. Dazu gehörten unter anderem das Butwal Technical Institute zur beruflichen Bildung, einige verarbeitende Unternehmen und vor allem Wasserkraftanlagen. Die ländliche Entwicklung als eigenständiger Arbeitsbereich kam Ende der 1980er Jahre mit zeitlich begrenzten Gemeindeprojekten hinzu – verbunden mit dem Ziel, nepalische Strukturen zu stärken.
Von Anfang an verstand sich die UMN als Zusammenschluss christlicher Missions- und Entwicklungsgesellschaften unterschiedlicher evangelischer Richtungen, die nur in Nepal – dafür aber gemeinsam – aktiv ist. Ein wichtiger Grundsatz war und ist, die Projekte und Unternehmen in einheimische Hände zu übergeben. Das ist in der Mehrzahl gelungen, nur die beiden Krankenhäuser in Tansen und Okhaldunga werden bis heute von der UMN selbst betrieben. Von Anfang an waren Aus- und Weiterbildung sowie der Kapazitätsaufbau lokaler Institutionen ein Schwerpunkt.
Die UMN geht mit der Zeit
Bereits in den 1970er Jahren wurde in der UMN-Arbeit deutlich, dass neben dem Aufbau von Institutionen – Hospitälern, Schulen und Unternehmen – Gemeindearbeit wichtig war. So begann die United Mission to Nepal mit Gemeindegesundheitsarbeit und außerschulischer Bildungsarbeit für Erwachsene. Hinzu kamen Trinkwasserversorgung und Landwirtschaft – immer mit Beteiligung der lokalen Bevölkerung. Der Volksaufstand von 1990, der die Herrschaft des absoluten Hindu-Königs und des autoritären „Panchayat“-Regimes beendete, beförderte diese Partizipationsbemühungen der UMN.
In den 1970er und 1980er Jahren gehörten zur UMN zeitweise mehr als 300 ausländische Mitarbeitende, mehr als 2000 nepalische Angestellte und eine große Zahl unterschiedlicher Projekte in vier Fachgebieten: Industrie- und Wirtschaftsentwicklung, Gesundheit, Bildung sowie ländliche Entwicklung.
Mit der Demokratisierung nach 1990 wurde die Zivilgesellschaft zunehmend aktiv, und immer mehr lokale Organisationen und Vereine wurden gegründet. Daher konnte die UMN 2002 ihre Strategie ändern und die Durchführung eigener Projekte fast komplett beenden. Seitdem steht die konsequente Stärkung lokaler Institutionen und Organisationen ganz im Mittelpunkt der Arbeit. Damit einher geht ein Verschlankungsprozess, was Haushaltsmittel und Mitarbeiterschaft angeht.
Der sog. Volkskrieg, der 1995 in Westnepal einsetzte und das ganze Land überzog, wurde 2006 beendet. Er forderte fast 13.000 Tote, viele Menschen „verschwanden“. Seine Auswirkungen sind bis heute zu spüren. Fragen der Menschenrechtsverletzungen und Straflosigkeit sind bis heute offen geblieben. Ordentliche Parlaments- und Lokalwahlen fanden erst ab 2017 statt. Die UMN konnte auch in dieser Periode die meisten ihrer Projekte und Kooperationen fortsetzen.
Mehr zu Menschenrechtsverletzungen und Straflosigkeit (PDF) >>
Heute hat die UMN mehr als 50 lokale und nationale Partnerorganisationen – sowohl im zivilgesellschaftlichen Feld als auch mit Regierungseinrichtungen. Die Arbeit ist in regionalen „Clustern“ organisiert, die einen oder mehrere Schwerpunkte mit ihren lokalen Partnern bearbeiten.
Die UMN hat von Anfang an auf die Stärkung lokaler Kompetenz gesetzt. Sie war ein Pionier nicht nur für Biogas, Wasserkraft und die Gründung von Wirtschaftsunternehmen, sondern vor allem für berufliche Bildung, psychische Gesundheit und Bildungsarbeit in Partnerschaft mit der öffentlichen Schulverwaltung.
Zurzeit unterstützt die Gossner Mission zwei Projekte der UMN: das DREAM-Projekt im Mugu-Distrikt und die Corona-Hilfe für die Krankenhäuser.
Hilfe in der Corona-Pandemie
Die am 2. März 2020 verhängte allgemeine Ausgangssperre in Nepal traf das Land hart. Wegen der vielen rückkehrenden Migrantinnen und Migranten, Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter konnte sich die Epidemie bis in abgelegene Regionen des Landes ausbreiten. Die Familien der Zurückgekehrten waren nicht nur durch die Pandemie, sondern auch wirtschaftlich hart getroffen. Denn die Überweisungen ihrer Familienangehörigen aus dem Ausland blieben nun aus.
Die Gossner Mission unterstützte die beiden Krankenhäuser der UMN in Okhaldunga und Tansen bei der Finanzierung des Fachpersonals. Aus Angst vor Ansteckung waren viele Nicht-Corona-Patienten den Einrichtungen ferngeblieben. Doch da die Krankenhäuser sich aus Gebühren-einnahmen selbst finanzieren müssen, fehlte ihnen dann das Geld für die laufenden Kosten, insbesondere für die Gehälter des Pflegepersonals. Gleichzeitig mussten jedoch zum Betrieb der Covid-Isolierstationen mehr Mitarbeitende eingestellt werden. Hier half die Gossner Mission mit ihrer Corona-Nothilfe.
Erdbeben: Den Wiederaufbau gestemmt
Am 25. April 2015 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,8 Nepal. Hunderte Nachbeben folgten, darunter ein zweites schweres Beben am 12. Mai 2015. Knapp ein Viertel der Bevölkerung war betroffen. 9000 Menschen starben; Hunderttausende wurden obdachlos und waren auf Hilfen angewiesen. Bei der Hilfe vor Ort konnte sich die Gossner Mission von Anfang an auf die United Mission to Nepal (UMN) verlassen, mit der sie seit 1968 eng zusammenarbeitet. So gelang es, wirksam, schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten. Insgesamt wurden von der UMN unter anderem rund 500 Tonnen Reis und 65 Tonnen Hülsenfrüchte ausgegeben, 8400 Hygiene-Sets verteilt, 10.600 Kochutensilien und fast 10.000 Zelte. Auch Saatgut und Werkzeug wurden mühsam in die Berge gebracht, damit das Leben dort weitergehen konnte.
Bei ihrer Hilfe konzentrierten sich Gossner Mission und UMN auf die stark betroffene Provinz Dhading. Straßen und Brücken waren durch das Beben, durch Steinschlag und Erdrutsche weithin zerstört und verwüstet. Verschärft wurde die Situation ab Herbst 2015 bis zum Frühjahr 2016 durch eine Blockade der Versorgungswege und der Grenzübergänge nach Indien. Damit wollte Indien politischen Einfluss auf die Neuorientierung der nepalischen Regierung nach dem Bürgerkrieg nehmen. Krankenhäuser, Geschäfte und Betriebe litten dadurch unter extremen Nachschubproblemen.
Wiederaufbau mit ganzheitlichem Ansatz und Geduld: In Absprache mit der Regierung und anderen Hilfsorganisationen übernahm die UMN den Wiederaufbau von Schulen, Trinkwassersystemen, Kleinkraftwerken, Fußwegen und Brücken. Alle Bauten wurden erdbebensicher konstruiert. In Kooperation mit den lokalen Partnerorganisationen und deren Sozialarbeitern und -arbeiterinnen wurde viel Zeit auf Klärungs- und Einigungsprozesse verwendet. Die Schulneubauten wurden von der UMN kindgerecht gestaltet, die Lehrkräfte in neuen Unterrichtsmethoden geschult.
Beispiele für den Wiederaufbau durch die UMN:
- 8 Wasserkraftturbinen wurden instand gesetzt, 1365 Haushalte und Betriebe mit Strom versorgt
- 65 Schulen neu gebaut, 235 Lehrkräfte in kindgerechten Unterrichtsmethoden ausgebildet
- 3 Partnerorganisationen gestärkt und 62 ihrer Mitarbeitende fortgebildet
- 21 Trinkwasseranlagen in Gemeinden und 44 für Schulen gebaut
- 8 Fußbrücken und viele Kilometer Fußwege wieder instand gesetzt
- Tausende von Jugendliche zu sozialen Fragen aufgeklärt