Sambia: Klimawandel vergrößert die Armut
Die Sorge ums Klima verbindet Menschen weltweit. In Deutschland sorgen die Aktivist:innen der „Last Generation“ zurzeit für viel Aufregung; auch in Sambia kämpfen junge Menschen für eine bessere Zukunft. Jessica Bwali ist eine von ihnen.
Sie ist Aktivistin und Rundfunk-Moderatorin. Gemeinsam mit anderen jungen Menschen kämpft sie für Klimagerechtigkeit und Umweltschutz. Ihre Triebfeder: der christliche Glauben. Jessica Bwali im Interview:
Frau Bwali, Sie haben im vergangenen Jahr an der Vollversammlung des „Ökumenischen Rates der Kirchen“ in Karlsruhe teilgenommen, um dort über das Thema Klimagerechtigkeit zu sprechen. Wie ist die Situation in Sambia?
Jessica Bwali: Allen in Sambia wird nun bewusst, dass sich das Klima in unserem Land drastisch verändert hat. Vor allem die jungen Menschen sehen das und machen darauf aufmerksam. Die Folgen der Klimaerhitzung haben verheerende Auswirkungen. Dürren sind durch unregelmäßige oder ausbleibende Niederschläge viel häufiger geworden. Gleichzeitig kommt es zu kürzeren aber heftigen Regenfällen. Dies hat in den vergangenen Jahren zu erheblichen Ernteverlusten geführt. Dazu muss man wissen, dass mehr als 60 Prozent der Bevölkerung auf dem Land leben und in der Landwirtschaft arbeiten, meist um sich selbst zu versorgen. Die geringen Erträge haben viele Familien in Armut gestürzt.
Wie geht Ihr als Klimaaktivist:innen damit um?
Jessica Bwali: Uns ist klar, dass sich etwas verändern muss und vor allem, dass es an uns liegt, etwas zu verändern. Viel zu lange haben wir die Verantwortung abgewälzt, das Problem nur benannt, und dann vor allem Forderungen an die Regierung gestellt. Bis die jungen Menschen bei uns realisierten: Es ändert sich nur etwas, wenn wir selbst handeln. Das heißt also: Wir müssen unsere Energie einbringen und die Informationen, die wir haben. Lasst uns Menschen finden, die uns finanziell unterstützen können, damit wir Aktionen organisieren können. An dem Punkt stehen wir.
Was tun die Menschen in Sambia konkret für eine bessere Umwelt?
Jessica Bwali: Ein Beispiel: Der letzte Samstag im Monat ist zu einem Clean-up-Saturday geworden. Für alle. Das bedeutet, die Geschäfte schließen und ihre Betreiberinnen und Betreiber sind verpflichtet, die angrenzenden Wege und Plätze zu reinigen. Dann gibt es bei uns die Parole „Pflanz’ einen Baum!“ Das kann man leicht umsetzen. Die wirkliche Herausforderung liegt dann darin, dafür zu sorgen, dass der Baum auch wächst. Jemand muss sich für diesen Baum verantwortlich fühlen. Diese Aufgabe kann man schon sehr jungen Menschen übertragen. Sie lernen dabei, Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen und wachsam zu werden. Bei all den Aktionen geht es darum, selbst aktiv zu werden. Das hilft auch gegen aufkommende Ohnmachtsgefühle. Diese Aktionen entbinden uns aber nicht davon, weiterhin politische Forderungen zu stellen. Die biologische Vielfalt in Sambia ist einzigartig und muss dringend geschützt werden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Umweltschutzmaßnahmen sind vorhanden, ihre Umsetzung scheitert aber noch zu oft am fehlenden politischen Willen, an mangelndem Umweltbewusstsein und an zu geringen finanziellen Mitteln und Kapazitäten der zuständigen Institutionen.
Was war der Anlass für Ihr Engagement?
Jessica Bwali: 2019 war eines der heißesten Jahre, die wir je erlebt haben. Flüsse und Seen waren ausgetrocknet. Und weil die Stromversorgung in Sambia vor allem auf Wasserkraft basiert, bedeutete das immer wieder Stromausfälle. Es war mein erstes Jahr beim Rundfunk. Ich war jeden Tag auf Sendung und bekam Anrufe fast im Minutentakt. Maschinen standen still, Geschäfte, Restaurants, das ganze öffentliche Leben waren beeinträchtigt.
Was nährt die Hoffnung der jungen Menschen?
Jessica Bwali: Wir wollen, dass die Erde auch morgen und übermorgen noch so aussieht wie jetzt. Als junge Menschen haben wir kein Geld, kein Land, kaum Besitz und nicht die Macht und den Einfluss, den Ältere haben. Aber wir haben Energie, Zeit und auch das notwendige technische Know-How, um uns zu vernetzen. Diese Qualitäten müssen wir vereinen. Im Moment ist der Runde Tisch noch reserviert für ältere Menschen, die die Macht haben. Noch fehlen die Stühle am Tisch für uns. Aber: Dann müssen wir eben einen eigenen Stuhl nehmen und uns dazusetzen.
Woher nehmen Sie Ihre Hoffnung und die Kraft für Ihr Engagement?
Jessica Bwali: Der christliche Glauben ist meine Treibfeder. Auch für meinen Beruf. Ich will Menschen über Ungerechtigkeiten informieren und versuchen, Wege zu finden, wie diese bekämpft werden können. Ich glaube daran, dass Gott will, dass wir alle ein menschenwürdiges Leben führen. Diese Hoffnung gebe ich nicht auf. Was mir Kraft gibt? Neben meinem Glauben die Beziehungen zu meinen Mitmenschen. Im Ubuntu heißt es: Ich existiere, weil du existierst. Ich bin Mensch, weil ich mich anderen Menschen verbunden fühle. Das fühle ich auch. Deshalb ist es für mich eine logische Folge, mich für Klimagerechtigkeit einzusetzen.
Das Interview führte die Journalistin Ulrike Plautz. Die komplette Fassung finden Sie in Ausgabe 1/2023 unserer Zeitschrift „Gossner.“