Von Klima bis Landwirtschaft
Vier Freiwillige aus Sambia und Indien packen ungewohnte Themen an: Bio-Landwirtschaft und deutsche Geschichte, soziale Arbeit und biblische Spiritualität. Das Pilotprojekt der Gossner Mission startet am 27. Juni in Ostfriesland.
Alljährlich besuchen Menschen aus Uganda, Indien, Sambia und Nepal die Gossner Mission. Sie besuchen Gemeinden und diakonische Einrichtungen, führen Gespräche und nehmen an Sitzungen teil. Am Ende steht meist Dank – und ein positives Deutschlandbild: Was der Staat alles finanziert, wie gut organisiert alles ist, wie komfortabel die Bahn …
Ähnlich ergeht es vielen Süd-Nord-Freiwilligen, die ein ganzes Jahr lang an Einsatzstellen in Deutschland mitarbeiten, etwa in Kindergärten oder Gemeinden, und dort natürlich auch mit den Härten und Herausforderungen des deutschen Gesellschaftssystems konfrontiert werden. Und doch: Auf die Frage, was sie zu Hause am meisten vermissen werde, antwortete etwa eine Freiwillige aus Sambia: „die BVG – die Berliner Verkehrsbetriebe“.
Mit verklärtem Deutschlandbild zurück in die Heimat
Am Ende eines Aufenthaltes steht somit oft ein verklärtes Deutschlandbild. Verschränkt ist es mit einem linearen Entwicklungsmodell: „Da wo ihr seid, da wollen wir noch hin.“ Dabei werden viele Themen, mit denen sich Menschen in Deutschland beschäftigen (müssen), ausgeblendet: Klimaneutralität, ökologischer Landbau, Polarisierung der Gesellschaft, wachsende Kluft zwischen Arm und Reich.
Das will der Ausschuss „Gossner in Deutschland“ ändern. „Unsere Gäste sollen Zukunftsfragen der Gesellschaft erfahren: Welche Transformation streben wir in Kirche, Gesellschaft, Landwirtschaft oder Industrie an?“, erläutert Direktor Christian Reiser. Die Gossner Mission plane daher ein Pilotprojekt: „Dabei kooperieren wir mit verschiedenen Initiativen oder Organisationen, die sich mit diesen Fragen auseinandersetzen. Die Gäste arbeiten tatkräftig mit und haben ein bis drei Tage Zeit, besser zu verstehen und nachzufragen.“
Freiwillige erkunden deutsche Geschichte und soziale Arbeit
Konkret: Vom 27. Juni bis 7. Juli werden vier Freiwillige aus Sambia und Indien in Projekten in Ostfriesland, Lippe und in der Lüneburger Heide mitarbeiten und Erfahrungen sammeln.
In Ostfriesland dreht sich zunächst alles um die deutsche Vergangenheit. Median, Sumit, Swarnim und Emmanuel werden im Bunkermuseum, im Kulturbunker und in der neu konzipierten KZ-Gedenkstätte Engerhafe Einblick darin bekommen, wie verschiedene Initiativen die Geschichte Deutschlands aufarbeiten und bewusst halten. Zudem werden sie vor Ort auch selbst mitanpacken: Malertätigkeiten im Museum sind gefragt.
In Lippe geht´ es dann auf den Acker. Auf einem SoLawi-Hof (solidarische Landwirtschaft) sollen die vier zwischen Jäten und Pflanzen mitbekommen, um welche Themen gestritten wird in der deutschen Landwirtschaft und welche Prinzipien die SoLawi dem konventionellen Landbau entgegensetzt.
Danach reisen die Freiwilligen zum Friedensort Woltersburger Mühle bei Uelzen weiter und erkunden dort die Initiative Essbare Stadt, ein soziales Kaufhaus und eine Gemeinwesen-Werkstatt. Schwerpunkte hier: soziale Arbeit, biblische Spiritualität und Kunst.
Zum Abschluss fahren die vier nach Berlin, um sich dort mit (ehemaligen) deutschen Freiwilligen über die neuen Erfahrungen auszutauschen. „Auf diese Eindrücke sind wir sehr gespannt“, so Reiser.
Beim Freiwilligenprogramm kooperiert die Gossner Mission mit dem Berliner Missionswerk.