Kolonialismus und Mission: Eng verwoben?

Kapil Sharma, Nepal. HDCS Kolonialismus
Kapil Sharma, Nepal. © Jutta Klimmt

„Mission befähigt die Menschen“

Mission und Kolonialismus: zwei Seiten einer Medaille? Oder doch eher zwei Paar Schuhe? Die Gossner Mission lud ihre Partner zur dritten internationalen Video-Konferenz ein.

Kolonialismus ist in Deutschland zu einem viel diskutierten Thema geworden – und die Mission wird oft im gleichen Atemzug genannt und genauso heftig kritisiert. Aber wie sehen das die Partner der Gossner Mission in Sambia, Nepal, Indien und Uganda?  

„Afrika wurde durch militante koloniale Mächte missioniert. Das ist bis heute ein Stigma für das Christentum.“ Mable Sichali von der United Church of Zambia (UCZ) sieht Mission und Kolonialismus eng miteinander verbunden. Auf Gemeindeebene werde das Thema aber so gut wie nie wirklich diskutiert. Dort finde man heute häufig eine Empfänger-Mentalität („dependency syndrome“): Von anderen werde stets erwartet, dass sie etwas geben oder tun. „Diese Haltung entstammt der Phase des Kolonialismus und der Mission.“ Heute – als Spätfolge des Kolonialismus – erodiere das afrikanische Leben. „Die Menschen wollen modern sein und kleiden sich westlich. Wir leben in einem globalen Dorf.“

Milupi Silumesii, ebenfalls aus Sambia und Manager der Kaluli Development Foundation, sieht das anders: „Mission und Kolonialismus sind komplett unterschiedlich. Mission gibt: den Glauben an Jesus Christus sowie Häuser, Nahrung und Medizin. Kolonialismus nimmt: unsere Ressourcen. Und sie schafft ein System der Abhängigkeit.“

Für Milupi Silumesii ist Kolonialismus freilich nicht ein Kapitel der Vergangenheit. Heute seien es in Sambia chinesische Investoren, die Kohleminen betreiben, die Bevölkerung vertreiben und „einen weiteren Kolonialismus“ anstreben. Auch sie schaffen Abhängigkeiten und streben Dominanz an. Die Mission hingegen wolle Menschen befähigen, auf eigenen Füßen zu stehen.

Nepal war nie kolonialisiert und jegliche christliche Mission bis in die 1950er Jahre streng verboten. Kapil Sharma, Geschäftsführender Direktor der nepalischen NGO Human Development and Community Services (HDCS), zeichnet ein positives Bild der Missionstätigkeit seit den 50er Jahren in seinem Land: Sie habe den Menschen Gesundheitsfürsorge und Entwicklungsprojekte gebracht. Gemeinschaften wurden transformiert: „von Aberglaube und schlechten Gewohnheiten zu einem einfachen und normalen Leben.“

Den Unterschied zwischen Mission und Kolonialismus betont auch Sosirita Kandulna, Referentin für Frauenarbeit in der indischen Gossner Kirche: „Die Mission konzentriert sich auf die Entwicklung der Gemeinschaft, auf den sozialen Austausch und die Harmonie mit allen Menschen – ohne nach Hautfarbe und Status zu urteilen.“

Beim Thema Kolonialismus steht die Gossner Mission nicht im Fokus der Öffentlichkeit wie andere Missionswerke, da sie heute in keiner ehemaligen deutschen Kolonie tätig ist. „Trotzdem war es uns wichtig, das Thema gemeinsam mit unseren Partnern anzusprechen“, so Direktor Christian Reiser. Überrascht haben ihn die Statements nicht: „Unsere Partner in Sambia, Uganda, Indien und Nepal sind alle Christ:innen, Und sie sind es gerne, es macht einen wichtigen Teil ihres Lebens und ihrer Identität aus. Sie haben diesen Glauben angenommen, obwohl dieser Schritt in Nepal und Indien nicht einfach ist und zu Diskriminierungen führt.“