Johannes E. Goßner: Ein granteliger Bayer in Berlin

Johannes E. Goßner Jubiäum, #250Jahre Gossner Mission
Emotional: Johannes E. Goßner.

#250Jahre: Vom Priestergefängnis bis nach Petersburg

Er wirkte und starb in Berlin: Missionsgründer Johannes E. Goßner. Doch seine Wurzeln lagen in Bayern; von dort zog es ihn ins Rheinland und nach Sankt Petersburg. Es folgten „Vagabundenjahre“ – und schließlich Berlin. Ein Exkurs in die (Gossner-)Geschichte.

Am 14. Dezember 2023 jährt sich der Geburtstag Johannes Evangelista Goßners zum 250. Mal. Anlass für die Gossner Mission, verstärkt dem Wirken ihres Gründers nachzuspüren.

„Wenn ich heute Johannes E. Goßner begegnen würde, würde er dann in schwäbisch-bayerischer Mundart granteln? Oder hatte er sich das Berlinern angewöhnt? Trank er gern ein Maß bayerisches Bier – oder war er enthaltsam?“ Dr. Klaus Roeber, Ehrenkurator und Gossner-Geschichtsexperte, warf in der Frühjahrsitzung des Kuratoriums Fragen auf, die in der offiziellen Geschichtsschreibung bislang keine Erwähnung finden.  

Doch zahlreiche Details aus Goßners jungen Jahren hat Dr. Klaus Roeber im Laufe der Jahre zusammengetragen:

Aufatmen im Angesicht der Alpen

Geboren und getauft wird Johannes Evangelista Goßner am 14. Dezember 1773 in Hausen in Schwaben, damals Königreich  Bayern, als Sohn fromm-katholischer Eltern. Nach dem Gymnasium studiert er Philosophie und Physik und später in Augsburg Theologie. 1796 wird Gossner zum katholischen Priester geweiht.

Aber in der katholischen Kirche hat er es von Anfang schwer. Das geistige Leben in Deutschland steht unter dem Bann des Rationalismus, einer Weltanschauung, die die menschliche Vernunft zum Maß aller Dinge macht. Goßner aber hat sich  seinen Instinkt für das Echte, das Lebendige erhalten können.

So tritt er in die Bewegung für spirituelle Erneuerung ein, die Erweckungsbewegung, was ihm bald darauf kirchlich organisierte Nachstellungen beschert. 1802 wird der junge Mann gar für kurze Zeit ins Priestergefängnis Göggingen verbannt. Ein Jahr später folgt die Rehabilitierung und danach eine pfarramtliche Tätigkeit in Dirlewang. Hier atmet Goßner auf, hier leuchten die Alpen, und das düstere Augsburg mit seiner strengen Obrigkeit scheint weit weg.

Die Anhängerschar wächst

Später geht Gossner nach München, und auch hier hat er Erfolg. Seine Anhängerschar wird immer größer: „Menschen von verschiedenen Klassen, Barone, Beamte, Offiziere, Schauspieler,  Balletttänzer, Hofmusikanten, Mägde und Knechte, Metzger, Krankenwärter und Kranke..." Sie alle lauschen seinen Predigten.

Doch der Schatten des Vatikans wird mächtiger. Goßner wird von mehreren Kanzeln vertrieben. Seine Briefe und Schriften werden beschlagnahmt, seine Freunde bespitzelt. Da geht er als Religionslehrer ins preußische Düsseldorf.

Jetzt schon trägt er sich mit dem Gedanken, zur Evangelischen Kirche überzutreten. Er tut es nicht aus Liebe zu seiner Heimat.  Er will die in Bayern ohnehin verleumdete Erweckungsbewegung nicht durch seinen Übertritt belasten.

Von Zar Alexander I. berufen

Und so zieht es ihn weiter in die Ferne. 1819 beruft Zar Alexander l. den Priester an die römisch-katholische Malteserkirche in St. Petersburg. Hier ist Johannes E. Goßner auf der Höhe seiner Schaffenskraft. Die Menschen drängen zu ihm. Seine Gottesdienste und Bibelstunden sind überfüllt. Doch das ruft bald die Neider auf den Plan. Ein russisch-orthodoxer Mönchspriester sieht den Bestand seiner Kirche durch Goßners Erfolge bedroht. Und als man ihn dann der politischen Demagogie verdächtigt, muss er gehen. Sein Vermächtnis an die Petersburger Gemeinde ist das Lied „Segne und behüte", das auch heute noch in vielen evangelischen Gesangbüchern steht, sowie das Andachtsbuch „Schatzkästchen".

„Unstet und flüchtig“, weil ohne feste Anstellung, folgt eine schwere Zeit bei Freunden und Gönnern in Hamburg und Altona, Leipzig und Schlesien. Hier, in Königshain, vollzieht Gossner 1826 durch Teilnahme am Abendmahl den Übertritt zur Evangelischen Kirche. Es schließen sich Besuche bei evangelischen Hausgemeinden und der Brüdergemeine in Pommern und Ostpreußen an.

Im Oktober 1826 trifft Goßner in Berlin ein und lässt sich mit seiner Lebensgefährtin Maria Ida Blauberger in der Brüderstraße nieder. So ist er 54 Jahre alt, als er sich erstmals um eine Pfarrstelle in der Evangelischen Kirche bewirbt.

Fortsetzung folgt.

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