Corona-Pandemie: Mutter und Kind im Hospital Tansen/Nepal. © UMN
Nur mit Maske: Mutter und Kind im Hospital Tansen/Nepal. © UMN

Corona-Pandemie

Menschen in Armut besonders betroffen

Die Corona-Pandemie betrifft alle. Weltweit. Die Menschen im globalen Süden aber kämpfen immer auch mit den Folgen der restriktiven Lockdowns. Auch heute noch. Die Gossner Mission ist an ihrer Seite. Unter dem Slogan #Gemeinsamgesundbleiben hat sie im März 2020 einen Corona-Nothilfefonds aufgelegt. Für diesen gehen bis heute zahlreiche Spenden ein, die Menschen in Indien, Nepal, Sambia und Uganda in schweren Tagen Hoffnung schenken.

Die Corona-Pandemie breitet sich in immer neuen Wellen aus. Vor allem die Länder des globalen Südens sind betroffen. Denn diese haben ein schwaches Gesundheitssystem, zu wenig Gesundheitspersonal und vor allem zu wenig Geld. Die Armut bringt weitere Probleme mit sich. Bei mangelhaftem Zugang zu Wasser ist es unmöglich, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Menschen, die in Armut leben, sind zudem oft mangelernährt, geschwächt und daher besonders anfällig für Krankheiten. Gleichzeitig sind sie medizinisch schlecht versorgt, weshalb schwere Krankheitsverläufe deutlich häufiger zum Tode führen.

Hinzu kommen die Folgen der Lockdowns. Als der indische Premierminister Narendra Modi am Abend des 24. März 2020 in einer Fernsehansprache über den bevorstehenden Lockdown im Land informierte, bedeutete dieser eine komplette Ausgangssperre. Für fast alle. 1,37 Milliarden (!) Menschen durften plötzlich ihre Häuser nicht mehr verlassen, außer um zwingend notwendige Besorgungen zu machen. Alles wurde geschlossen, selbst die Grenzen zwischen den
einzelnen Bundesstaaten. „Das ganze Land steht still. Kein Bus, keine Bahn fährt mehr“, berichtete damals Pfarrerin Idan Topno aus Ranchi.

Angst vor dem Lockdown

Hunderttausende Tagelöhner, die plötzlich ohne Arbeit und ohne Unterkunft waren, hatten sich zu Fuß auf den Weg nach Hause gemacht. „Die Menschen versuchen verzweifelt, in ihre Heimatdörfer zu gelangen. Manche sind seit Tagen auf Dschungelpfaden unterwegs.“ Frauen und Männer mit kleinen Kindern im Arm, ein Bündel Wäsche geschultert und eine halbleere Wasserflasche in der Hand. In der Hitze tagelang zu Fuß unterwegs - oder gestrandet im Nirgendwo. Diese Bilder
gingen um die Welt.

Ein weiteres Problem: Mehr als 400 Millionen Menschen in Indien arbeiten ohne Arbeitsvertrag, auf dem informellen Sektor. Ob Erntehelfer, Straßenverkäufer, Näherin oder Rikschafahrer: Sie alle haben keine Rücklagen und keine soziale Absicherung.

Millionen Wanderarbeiter zu Fuß unterwegs: Pfarrerin Idan Topno schildert die dramatische Lage im Video-Interview, April 2020 (engl., 3:29 min .) >>

Leere Straßen, geschlossene Läden: Gossner-Mitarbeiter Mukut Bodra im April 2020 aus Ranchi (engl., 6:52 min .) >>

„Und plötzlich ist alles anders“: Corona ist Schwerpunkt in der „Gossner.“ 2/2020 (PDF ) >>

Die Situation in Nepal entwickelte sich 2020 ähnlich. Auch hier wurden immer wieder Ausgangssperren verkündet, durften die Menschen ohne triftigen Grund nicht einmal ihre Häuser verlassen. Das traf besonders die Tagelöhner:innen, die ohnehin täglich um ihr Überleben kämpfen. „Wie immer trifft die Notsituation die Armen auf besondere Weise. In Kathmandu leben geschätzt 30.000 Menschen in informellen Siedlungen. Die größten Probleme sind die Enge und die Wasserversorgung“, so damals Kapil Sharma von der Gossner-Partnerorganisation HDCS in Kathmandu.

An der indisch-nepalischen Grenze strandeten unzählige Wanderarbeiter. Gemeinsam mit ihren Familien waren sie in Indien aufgebrochen, als dort der Lockdown verhängt wurde und die Baustellen schließen mussten. Doch die Grenzen schlossen ebenfalls... So harrten sie verzweifelt im Grenzgebiet aus – oder suchten unter Lebensgefahr einen (illegalen) Weg über die Berge zurück in ihre Heimat.

Dies führte zu weiteren Problemen: Viele Familien in Nepal – vor allem in den Bergdörfern – sind auf die Überweisungen ihrer Familienangehörigen aus dem Ausland angewiesen. Doch die blieben plötzlich aus. So haben Pandemie und Lockdown in Nepal zu einer Wirtschaftskrise geführt.

Zweite Welle: Dramatische Bilder aus Indien und Nepal

2021 blieb die Corona-Pandemie ein zentrales Thema für die Gossner Mission. Vor allem aus Indien und Nepal kamen dramatische und bewegende Berichte. Die zweite Welle der Pandemie offenbarte die Schwächen der Gesundheitssysteme in Indien und Nepal. Viele Menschen starben; Erkrankte mussten vor den Krankenhäusern auf Behandlung warten; Sauerstoffflaschen wurden zur Mangelware, Autos vor Krankenhäusern zu Behandlungsräumen. Zahlreiche Mitarbeitende der Gossner Kirche und der Nordwest Gossner Kirche in Indien sowie der Partnerorganisationen in Nepal erkrankten oder bangten um ihre Angehörigen.

Zu den am Virus Gestorbenen gehören Dular Lakra, Bischof der Nordwest Gossner Kirche, und Pradeep Kujur, kurz zuvor verabschiedeter Finanzsekretär der Gossner Kirche. Zudem Dr. Nirmal Minz, erster Bischof der Nordwest Gossner Kirche, und Dr. Marshalan Bage, einer der großen Männer der Gossner Kirche.

Im Mai 2021 lud die Gossner Mission zu einem Fürbittengottesdienst für die Betroffenen in Indien und Nepal in die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin ein. Für die namentlich bekannten Opfer wurden Kerzen entzündet, aus Nepal und Indien trafen Botschaften per Video ein. Gossner-Ehrenamtliche aus verschiedenen Regionen Deutschlands sprachen ein Fürbittengebet. Der Gottesdienst wurde über YouTube live gestreamt, sodass sich auch Menschen in Nepal und Indien zuschalten konnten.

Weltweit verbunden im Gebet: Direktor Christian Reiser, März 2020 (2:38 min .) >>

„Rufe mich an in der Not“: Gottesdienst 2021 aus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf YouTube >>

Kinder leiden besonders unter Pandemie-Folgen

Nach Abklingen dieser großen Wellen im Sommer 2021 blieb die Corona-Situation in Indien, Nepal, Sambia und Uganda zwar unübersichtlich, entspannte sich jedoch. Stark wirkte sich der Lockdown jedoch auf das Bildungswesen aus. In Uganda blieben die Schulen fast zwei Jahren lang geschlossen, öffneten erst im Januar 2022 wieder. Auch in Indien waren Kindergärten und Grundschulen fast durchweg geschlossen, lediglich die älteren Schüler:innen durften 2021 zurück in den Präsenzunterricht.

Unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden somit besonders die Kinder. „Als in Uganda elf Millionen Kinder und Jugendliche im Land wieder zurück in den Unterricht durften“, so Dr. Volker Waffenschmidt, Afrika-Koordinator der Gossner Mission, „blieben viele Tausende zu Hause. Sie müssen seit dem Lockdown ihre Familien mit Arbeit unterstützen oder ihre Lernverluste sind zu groß – oder sie haben selbst Kinder bekommen. Die Krise hat fatale Auswirkungen für die Zukunft der Kinder und Jugendlichen im globalen Süden!“, so Waffenschmidt am Tag der Bildung am 24. Januar 2022.

Die Gossner Mission setzt sich gemeinsam mit anderen Missionswerken unter dem Dach der Evangelischen Mission Weltweit (EMW) für Impfgerechtigkeit  ein. Zu den Forderungen gehört u.a. die schnelle Freigabe der vorhandenen Impfstoffe zur Anwendung in ärmeren Ländern sowie einen Technologietransfer, der es ermöglicht, die Produktion von Impfstoffen in wirtschaftlich armen Ländern aufzubauen und dabei Impfstoffe zu einem erschwinglichen Preis zu produzieren. Aus dem gemeinsamen Papier der Missionswerke: „Als Christinnen und Christen sind wir aufgerufen, barmherzig zu sein und Strukturen zu schaffen, die allen den gleichen Zugang zu Gesundheit verschaffen.“

Kampagne: #Gemeinsamgesundbleiben

Corona

Die Corona-Krise trifft die Armen im globalen Süden am härtesten. Ob Obdachlose oder Erntehelfer, Näherin oder Rikschafahrer: Sie alle haben keine Rücklagen und keine soziale Absicherung. Zudem sind die Gesundheitssysteme schwach, die Menschen oftmals viel zu schlecht informiert. Die Gossner Mission hilft über ihren Corona-Nothilfefonds.

So hilft die Gossner Mission >>

 

 

Corona-Nothilfe: Gemeinsam gesund bleiben

Bilderserie

In Uganda bleiben die Schulen dicht

In Uganda bleiben die Schulen dicht

„Wie man ein Bildungssystem ruiniert“

Unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden besonders die Kinder. Weltweit. So sollen in Uganda die Schulen geschlossen bleiben, bis eine bestimmte Anzahl von Menschen im Land geimpft ist. Aber: „Es gibt zwar ausreichend Impfstoff, doch die Regierung versagt bei der Verteilung. Die Leidtragenden sind die die Lernenden und die Lehrenden“, kritisiert Afrika-Koordinator Dr. Volker Waffenschmidt. Im März 2020 waren in Uganda Schulen und Betriebe nach Auftreten der ersten Corona-Fälle geschlossen worden. Allein in diesem ersten Corona-Jahr, so UNICEF, verpassten die Schülerinnen und Schüler 149 Tage Unterricht. Nun sind die Schulen seit Juni 2021 erneut dicht – und eine Öffnung ist noch nicht abzusehen.

Dr. Volker Waffenschmidt, Afrika-Koordinator der Gossner Mission, kommentiert die Schulsituation in Uganda:

„Im März 2020 waren auch die Partnerschulen der Gossner Mission in Gulu und Kitgum im Norden des Landes von den Schließungen betroffen. Damals war die Hoffnung noch groß, dass diese Maßnahmen nur vorübergehend nötig wären.

Auswirkungen haben die Schulschließungen nicht allein auf die Kinder, sondern auch auf die Lehrkräfte. Diejenigen, die auf der staatlichen Gehaltsliste stehen, bekommen ihren Unterhalt weiter. Die meisten Schulen aber beschäftigen darüber hinaus Lehrkräfte, die aus Elternbeiträgen bezahlt werden, zudem weitere Angestellte wie Hausmeister, Nachtwächter und Köchinnen, die auf keine staatliche Unterstützung bauen können. Nach einem Artikel des „Guardian“ vom 30.9.2021 (s.u.) sind etwa 40 % der Grund- und 60 % der Sekundarschulen in Uganda private Einrichtungen, darunter auch kirchliche, die kaum öffentliche Gelder erhalten.

Zweimal sprang die Gossner Mission mit Geldern aus der Corona-Nothilfe ein, um an der Mädchen-Oberschule in Kitgum auszuhelfen.
Schon hoffte man, dass sich die Situation wieder normalisieren würde, dass der Schulbetrieb unter Beachtung der üblichen Vorsichtsmaßnahmen wieder aufgenommen werden könne, da trat die sogenannte Delta-Variante auf, die nächste große Welle. Die Folge war eine erneute Schließung aller Schulen im Juni 2021. Inzwischen sind die Infektionszahlen zwar wieder auf ein „Normalmaß“ zurückgegangen und betragen laut öffentlich zugänglichen Statistiken nur noch etwa 2 % der Zahlen vom August, aber an eine Öffnung denkt die Regierung offenbar noch nicht.

Als Präsident Museveni am 22. September im Fernsehen eine Ansprache zur Corona-Lage hielt, waren die Erwartungen groß, dass es endlich zu Erleichterungen und Öffnungen kommen werde. Die Welle war ja so gut wie gebrochen. Wie groß war aber dann die Ernüchterung, als verlautete, die Schulen blieben weiterhin geschlossen. Begründung: infizierte Schüler, wiewohl selbst wenig gefährdet, könnten doch zu Hause ihre Familien anstecken und somit die Krankheit weiter verbreiten. Es gälte zunächst, eine höhere Impfquote im Lande zu erreichen. Als Ziel wurde eine Zahl von 4,8 Millionen genannt, ohne dass diese näher begründet wurde. Dieses Ziel, so Museveni, sei zum Jahresende erreicht, dann würden die Schulen wieder geöffnet.

Das neue Ziel lautet nun jedoch 7 Millionen Impfungen, wie der „Daily Mirror“ vom 15.10.2021 (s.u.) berichtet. Und er fügt hinzu, dass bis zur Erreichung dieses neuen Schwellenwertes noch Monate vergehen könnten. Denn von den bislang geimpften etwa 2,5 Millionen Ugandern haben noch nicht einmal eine halbe Million eine zweite Dosis erhalten.

Dabei liegt es nicht einmal an einem Mangel an Impfstoff. Laut „Daily Mirror“ und anderen Quellen liegen derzeit mehr als drei Millionen Dosen ungenutzt auf Halde, viele haben schon das Verfallsdatum überschritten. Warum? Weil die Regierung es nicht schafft, sie in die Fläche zu verteilen. Gewiss spielt dabei auch mangelnde Aufklärung eine Rolle, die Impfwilligkeit bei vielen Menschen wird durch manch wirre Fehlinformationen getrübt, aber grundsätzlich handelt es sich um staatliches Versagen, neben der schlechten Kommunikation vor allem um Mängel in Management und Logistik.

Die Leidtragenden sind die Schulen, die Lernenden und die Lehrenden. Kinder sind zu Hause oft unbeaufsichtigt. Die Fälle häuslicher Gewalt nehmen ebenso zu wie die Zahl der Frühschwangerschaften bei Mädchen, häufig aufgrund von Vergewaltigungen im dörflichen Umfeld. Laut UNICEF (s.u) stiegen die Fälle von März 2020 bis Juni 2021 um über 22 % bei den 10- bis 24-Jährigen. Gleiches berichtet auch Schulleiterin Gladys Oyat aus Kitgum.

Und die Lehrkräfte? „Ich werde nie wieder zurückgehen“, lautete die Schlagzeile des oben genannten „Guardian“-Artikels. Darin beschreiben viele Lehrkräfte, wie sie ohne Einkommen auf außerschulische Jobs zurückgreifen müssen: Landwirtschaft, Gartenbau, ein Verkaufsstand auf dem nächsten Markt. Gladys Oyat kennt Kolleg:innen, die nun eines der populären Motorrad-Taxis fahren, ein „Boda-Boda“. Andere kaufen und verkaufen Holzkohle. Manche finden Gefallen an der neuen Tätigkeit, garantiert es ihnen wenigstens das Überleben. Wie viele von ihren Kolleg:innen nie wieder in den Schuldienst zurückkehren werden, kann Gladys Oyat nicht sicher sagen. „Aber ein Mangel an Lehrkräften ist absehbar. Es bleibt eine tiefe Verunsicherung.“ Und eine ebenso tiefe Enttäuschung darüber, wie wenig Wert die ugandische Regierung der Bildung der Jugend beimisst. Die Folgen für das Bildungssystem im Lande werden noch weit über Corona hinaus zu spüren sein.“

1) https://www.unicef.org/uganda/press-releases/prioritize-re-opening-schools-secure-childrens-well-being
2) https://www.theguardian.com/global-development/2021/sep/30/ill-never-go-back-ugandas-schools-at-risk-as-teachers-find-new-work-during-covid
3) https://www.monitor.co.ug/uganda/news/national/covid-museveni-changes-terms-for-school-opening-3584190