In der Schuldenfalle: Sambia zahlungsunfähig

20 Milliarden Dollar:  Gläubiger vor allem aus China

Sambia hat als erstes Land in Afrika seine Zahlungsunfähigkeit verkündet. Es wird befürchtet, dass weitere afrikanische Länder folgen werden. „Wegen der hohen Belastungen durch die Corona-Ausgaben”, so erklärte Finanzminister Bwalya Ng’andu gegenüber der „Lusaka Times”, werde das Land seine Schuldenzahlungen aussetzen. Experten gehen jedoch davon aus, dass dies nur die halbe Wahrheit sei. Schon seit Jahren rutscht das Land in eine neue Schuldenfalle. Dies hänge u.a. mit dem Sinken der Exporteinnahmen, aber auch mit Abhängigkeiten gegenüber chinesischen Investoren zusammen.


Schon einmal, damals im Jahre 2005, wurden Sambia im Rahmen einer großangelegten internationalen Entschuldungskampagne Auslandsschulden erlassen. Damals verpflichtete sich das Land zu nachhaltigen Reformen und schien auf einem guten Weg. Dann starb 2015 der damalige Präsident Michael Sata; sein Vize Edgar Lungu übernahm die Regierung. „Seitdem wird vielfach kritisiert, er führe das Land autokratisch und verschulde ein hohes Maß an Korruption”, betont Dr. Volker Waffenschmidt, Afrika-Koordinator der Gossner Mission. In einer von Transparency International erstellten Liste rangiert Sambia in punkto Korruption seit vielen Jahren auf Platz 113 von 180 - Tendenz eher fallend.

„Die neue Schuldenkrise hat sicherlich auch mit Mehrausgaben für die Corona-Bekämpfung zu tun, auch mit den geringeren Exporteinnahmen aufgrund sinkender Kupferpreise”, so Dr. Waffenschmidt. Sambia sei nach wie vor enorm abhängig von Rohstoffexporten. „Aber entscheidend sind wohl auch eine fehlgeleitete Investitionspolitik und einseitige Abhängigkeiten.” Weiterhin wurde massiv der Bergbau gefördert - und wurden dafür Lizenzen an ausländische Investoren vergeben. Allen voran an chinesische Firmen. Über die Konditionen ist wenig bekannt; weder Sambia noch China reden über Geschäftsvereinbarungen.

„Bergbau benötigt Infrastruktur: Straßen, Flughäfen, Elektrizität. All dies liefert China ebenfalls. Auch hier ist wenig zu den Konditionen bekannt”, betont der Gossner-Experte. Klar sei nur, dass China - ob nun eine Privatbank oder der Staat als Geber auftrete - sich diese Dienstleistungen teuer bezahlen lasse. „Das i-Tüpfelchen ist, dass diese Infrastrukturmaßnahmen überwiegend durch chinesische Firmen ausgeführt werden. So bleibt das Geld in China. Die Schulden und Zinsen hingegen bei den Sambiern.”

Die heutige Schuldenzusammensetzung sieht somit anders aus als noch 2005. Laut Organisation „erlassjahr.de” handelt es sich bei fast der Hälfte der knapp 20 Milliarden Dollar Schulden um Forderungen von privaten Schuldnern, allen voran chinesischen. Hinzu kommen bilaterale Schulden bei Staaten, wiederum angeführt von China. Und nur ein recht geringer Teil seien multinationale Kredite. Ein erneuter Schuldenerlass müsste also viele, auch private Geldgeber an einen Tisch bringen.

„Das sieht im Moment aber nicht erfolgversprechend aus”, so Dr. Volker Waffenschmidt (foto).  „Chinesische Banken sind an Geschäften interessiert, sind vielleicht selbst durch die Corona-Krise in Not geraten und werden wohl kaum auf eine Rückzahlung verzichten. Zudem haben sie sich - so wird jedenfalls sehr vermutet - ihre Kredite durch harte Bürgschaften absichern lassen.”

Und dass die multilateralen Gläubiger ihren Teil der Schulden erlassen, sei ebenso unwahrscheinlich, „fürchten sie doch, dass die freigewordenen Gelder dann stracks zur Schuldentilgung in China landen. Daran aber ist - außer Peking - niemandem gelegen.”

Verschärfend komme hinzu, dass im August 2021 wieder Präsidentschaftswahlen anstehen. „Edgar Lungu wird versuchen - auch wenn dies verfassungsmäßig höchst umstritten ist - für eine weitere Amtszeit anzutreten. Und in Wahlkampfzeiten sind Sparmaßnahem als Schuldenbremse nicht eben populär.” So stehe zu befürchten, dass dies erst der Anfang einer tiefen Finanz- und Wirtschaftskrise in Sambia sei, die sich weit ins neue Jahr hinein noch verschärfen werde.
(Berlin, 17.11.2020)